13 Milliarden für weniger Stau

13 Milliarden für weniger Stau

13.1 Milliarden sollen zwischen 2024 bis 2027 ins Strassennetz investiert werden, davon 8.8 Milliarden in den Unterhalt und 4.3 Milliarden in den Ausbau. So wird es vom Bundesrat beim Parlament beantragt. «Ohne Erweiterungen werden im Jahr 2040 fehlende Kapazitäten auf rund 453 Kilometern des Nationalstrassennetzes regelmässig zu Staus führen.», heisst es.

Dass der zunehmende Verkehr immer mehr zu einer Belastung wird, ist ein Fakt, den man nicht ignorieren kann. Entweder steht man im Stau oder neben dem Stau - beides nervt. Die Blechlawinen tragen somit regelmässig dazu bei, dass die Lebensqualität der Menschen beeinträchtigt wird.

Dass etwas getan werden muss – und zwar nicht nur auf Bundesebene -  ist klar. Dabei wird man jedoch nicht darum herum kommen, neu zu denken. Der Grossteil der Autobahnen wurde zwischen 1965 und 1975 gebaut, Kantons- und Gemeindestrassen sind wohl tendentiell eher noch älter. Die Verkehrsführung entsprach den damaligen Begebenheiten, aber nicht mehr den heutigen. So manch ein Autobahnanschluss ist heute nicht mehr an der sinnvollsten Stelle, so manch eine Gemeindestrasse würde man heute anders führen.

Damit es wirklich möglich ist, für die investierten Milliardenbeträge eine Verkehrssituation zu schaffen, in der es keine Staus mehr gibt und gleichzeitig die Bevölkerung sowie die Umwelt von den Blechlawinen und deren Emissionen entlastet wird, muss der Mut da sein, Bestehendes zu hinterfragen und zu verändern. Zudem kann das Nationalstrassennetz nicht allein betrachtet werden, es ist in Abhängigkeit zu den Kantons- und Gemeindestrassen zu optimieren, damit die Anschlüsse funktionieren und sich der Verkehr nicht von der Autobahn in die Dörfer verlagert. Einer der wichtigsten Stakeholder ist der Öffentliche Verkehr (ÖV). Dieser muss zwingend mitberücksichtigt werden, damit sich öffentliche und private Verkehrsmittel sinnvoll ergänzen. Im Optimalfall ist die Situation natürlich so gestaltet, dass gänzlich auf private Verkehrsmittel verzichtet werden kann. Was aber aktuell passiert, nämlich dass Nationalstrassen ausgebaut werden sollen und gleichzeitig der ÖV teurer wird, ist eine denkbar schlechte Kombination.

Wir brauchen ein Verkehrssystem, das sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Dazu gehören nicht nur (stau)freie Strassen für den motorisierten Verkehr, sondern auch sichere Wege für Velofahrer und Fussgänger, die Reduktion von Emissionen sowie einen sehr gut ausgebauten, attraktiven ÖV. Ein Verkehrssystem 2023 eben und nicht 1965.

Ein Referenzschreiben für die Einbürgerung

Ein Referenzschreiben für die Einbürgerung

Vor Kurzem wurde ich angefragt, für eine Freundin ein Referenzschreiben für ihre Einbürgerung zu erstellen. Dies habe ich natürlich sehr gerne gemacht und zugesagt. An Allerheiligen um 6 Uhr früh überkommt mich die Muse und ich beginne zu schreiben.

Nach der Einleitung geht es dann ums Eingemachte, aber auf einmal fällt es mir schwer, weiter zu machen. Es fühlt sich komisch an, diese Worte niederzuschreiben. Über diese Person, die ich schon so lange kenne und sehr schätze, eine Empfehlung zu verfassen und zu beweisen, dass es sich um einen „guten Menschen“ handelt. Welche Chraktereigenschaften soll ich nennen? Welche Attribute sind gefragt? Anständig? Gesetzestreu? Vertrauenswürdig? Berufstätig? Ortskundig? Wohlhabend? Zuverlässig?

Während ich über alle die Eigenschaften meiner Freundin nachdenke, erinnere ich mich an unsere gemeinsamen Erlebnisse. Ich sehe sie mit dem orangen Kindergarten-Bändel beim Fussgängerstreifen warten. Ich erinnere mich an etliche Mittwochnachmittage bei ihrer Familie zu Hause und wie ihre Eltern uns immer grosszügige Zvieri aufgetischt haben. Ich sehe uns als Teenager, wie wir ach so „cool“ waren und versucht haben, unsere Gspändli zu beeindrucken. Ich erinnere mich an ihre KV-Lehre und ihren ersten Job in einem Treuhandbüro oder wie wir jubelnd den Spengler Cup genossen haben. Und ich sehe sie heute mit ihrem Partner die Welt erkunden.

Ich möchte weiterschreiben, aber meine Gedanken schweifen ab: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen mir und ihr? Ok, bei mir wurde der rote Pass mit der Geburt gratis dazugeliefert, weil meine Eltern Schweizer sind, aber habe ich eigentlich irgendetwas anders gemacht als sie? Nein. Habe ich eine andere Schulbildung als sie? Nein. Spreche ich besser Deutsch als sie? Nein. Habe ich einen besseren Job als sie? Nein. Bin ich ein besserer Mensch als sie? Nein. Wir beide sind hier geboren, zur Schule gegangen, haben einen Beruf gelernt, uns im gleichen Umfeld bewegt, Steuern bezahlt und uns ein gutes Leben aufgebaut. Aus welchem sachlichen Grund also hätte meine Freundin das Schweizer Bürgerrecht weniger verdient als ich? Es gibt keinen.

Das Ganze befremdet mich, es fühlt sich unfair an. Ich möchte am liebsten gar nicht mehr weiterschreiben. Aber natürlich schreibe ich ein positives Referenzschreiben für meine Freundin, denn sie ist eine grossartige Person und sie hat das Schweizer Bürgerrecht genauso verdient wie ich. Dafür verbürge ich mich. Entgegen allen rassistischen Vorurteilen, welche überhaupt der Grund sind, warum ich an Allerheiligen morgens um 6 Uhr ein Referenzschreiben verfasse.

Abseits der Ständeratswahl: Wo sind die Frauen in den Kommunen?

Abseits der Ständeratswahl: Wo sind die Frauen in den Kommunen?

Vier Frauen kandidierten im Kanton St. Gallen für den frei werdenden Ständeratssitz. Toll, dass in den letzten Wochen endlich weibliche Vorbilder für politisch interessierte Frauen im Fokus der Aufmerksamkeit standen. Diese braucht es unbedingt, denn Frauen sind auf dem politischen Gesamt-Parkett immer noch stark in der Unterzahl. Rund 42% erreichen Frauen im Bundesrat und Nationalrat. Schaut man die durchschnittlichen Mandate bei den kantonalen Parlamenten an, sind es nur noch 33% und noch weniger sind es in den Exekutiven der Städte und Gemeinden.

Am Sonntag, 12. März 2023 fanden eben nicht nur die Ständeratswahlen, sondern auch viele kommunale Wahlen im Kanton St. Gallen statt. Sich einen Überblick zu verschaffen, was im Kantonsgebiet auf kommunaler Ebene so läuft, ist gar nicht so leicht. Sofern nicht Wahlkampf geführt wird wie in St. Margrethen, erreichen kommunale Wahlen selten eine Reichweite über den eigenen Bezirk hinaus.

Um aufzuzeigen, was neben den Ständeratswahlen im Kanton sonst noch so los war, wage ich hier einmal eine Zusammenfassung:

  • Gemeindepräsidien gab es in Bütschwil-Ganterschwil und Diepoldsau zu vergeben.
  • Vakanzen im Gemeinderat sollten in St. Margrethen, Flums, Wartau, Wattwil, Lichtensteig, Waldkirch und Gaiserwald neu besetzt werden.
  • Schulpräsidien waren in Goldach und Bad Ragaz verfügbar.
  • Schulrätinnen und Schulräte waren an diesem Wahl-Sonntag nur in Wattwil gefragt.
  • Kandidierende als Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission haben sich in Berneck, Goldach, Kaltbrunn und Lichtensteig zur Wahl gestellt.

Definitiv gewählt wurden 9 Männer und 5 Frauen. 7 Männer und 1 Frau haben das absolute Mehr nicht erreicht und stehen vor dem 2. Wahlgang. Insgesamt stellten sich auf kommunaler Ebene 24 Männer und nur 10 Frauen zur Wahl.

Klickt man sich durch die St. Galler Gemeinden durch, stellt man schnell fest, dass die Bevölkerung in den Gemeinde-Exekutiven überwiegend oder teilweise sogar ausschliesslich von Männern repräsentiert wird. Wo sind die Frauen in den Kommunen und warum stellen sich so wenige Kandidatinnen zur Verfügung?

Als amtierende Gemeinderätin kann ich sowohl über den Wahlkampf als auch über das Amt als Gemeinderätin sehr viel Gutes berichten. Für mich stellen die Erfahrungen, welche ich in diesem Zusammenhang gemacht habe, eine Bereicherung dar. Zudem ist es absolut erlernbar, auch wenn man neu in diese politische Welt hineinkommt. Falls man zufällig noch Freude am Lesen hat, ist das sicher von Vorteil, denn damit verbringe ich im Grunde die meiste Zeit und definitiv nicht – wie manche fürchten – mit öffentlichen Auftritten oder Ansprachen. An alle Frauen da draussen, was ich euch damit sagen will: Stellt euch als Kandidatin zur Verfügung! You can do it!

Wir brauchen die Stabilisierung der AHV

Wir brauchen die Stabilisierung der AHV

Am 25. September 2022 stimmen wir über die Stabilisierung der AHV (AHV21) ab. Mit der Reform wird die Angleichung des Rentenalters von Frauen und Männern auf 65 Jahre, die Flexibilisierung des Altersrücktritts und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer angestrebt.

Die aktuelle Reform ist eine faire und ausgewogene Reform. Sie stabilisiert die AHV und verhindert, dass wir der nächsten Generation einen Scherbenhaufen hinterlassen. Wenig verständlich ist dabei die Argumentation von gegnerischer Seite. Denn entgegen ihrer Behauptungen:

  • Besteht wegen der Alterung der Bevölkerung eine Finanzierungslücke in der AHV
  • Bedeutet die Reform zusätzliche 17 Milliarden für die AHV und sichert sie für die nächsten 10 Jahre (Babyboomer-Jahrgänge)
  • Sind Frauen nachweislich nicht benachteiligt in der AHV
  • Ist die aktuelle Reform keine schleichende generelle Erhöhung des Rentenalters

Die letzte AHV-Revision brachte SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss 1995 beim Volk durch. Damals wurde die schrittweise Erhöhung des Rentenalters der Frauen entschieden und damit den eigenständigen Rentenanspruch für Frauen, die Einführung von Beziehungs- und Betreuungsgutschriften sowie die Einführung der Witwenrente ermöglicht.

Auch jetzt ist es wieder höchste Zeit, dass unser Vorsorgesystem den aktuellen Begebenheiten angepasst wird! Die Pensionierungswelle der Babyboomer ist angerollt. Innert weniger Jahre werden so viele Leute pensioniert wie noch nie zuvor. Die Einnahmen reichen nicht mehr aus, um die laufenden Renten zu finanzieren. Wir brauchen die Stabilisierung der AHV.

Als Frau möchte ich auch meine persönliche Perspektive zum Thema Gleichberechtigung einbringen: Das ursprüngliche Pensionsalter für Frauen und Männer bei Einführung der AHV war 65 Jahre. Das Rentenalter der Frauen wurde 1957 aber wieder reduziert – wohlbemerkt vor Einführung des Frauenstimmrechts – mit folgender Begründung: «Physiologisch betrachtet ist die Frau vielfach trotz ihrer höheren Lebenserwartung dem Mann gegenüber im Nachteil.» Es wurde argumentiert, die Körperkräfte der Frauen liessen im Alter früher nach als jene der Männer. Böse Zungen behaupten jedoch, dass die Männer, die oft älter als ihre Frauen waren, im Ruhestand nicht allein gelassen werden wollten. Daher mussten die Frauen früher aus dem Arbeitsleben raus und zurück an den Herd. Der Unterschied der Rentenalter beruht somit auf veralteten Rollenbildern und Misogynie. Das tiefere Rentenalter der Frau war nie ein «Zückerli» als Entschädigung für die anderweitige Diskriminierung, wie es heute gerne dargestellt wird – sondern genau das Gegenteil.

Schicken wir dieses Relikt der patriarchalen Machtdemonstration in die Vergangenheit – wo es hingehört - und vor allem: Sichern wir den nächsten Generationen die AHV mit 2 x JA zur AHV21!